Superiore Labrumverletzung als «Anpassungspathologie»?

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Man physiotherapist stretching shoulder and arm patient at a clinic.

Bizepsanker- und superiore Labrumpathologien

Erkrankungen des superioren Labrums und des Bizepsankers sind häufige pathologische Veränderungen, aber ihre klinische Diagnose und ihr Management sind alles andere als eindeutig. Die genaue Häufigkeit von SLAP-Lä-sionen (Superior Labrum Anterior Posterior) ist nicht bekannt, liegt aber Berichten zufolge in der Allgemeinbevölkerung zwischen 6 und 26%. Zudem sind SLAP-Läsionen ein häufiges klinisches Problem bei Überkopf-Wurf-sportlern. Die meisten Ärzte gehen davon aus, dass SLAP-Läsionen oder eine Verletzung des Komplexes am Bizepsanker und superioren Labrum eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Schmerzen und klinischen Symptomen spielen.Ausgehend von dieser Annahme sind die meisten Behandlungsverfahren auf die Reparatur und oder Stabilisierung ausgerichtet. Der genaue biomechanische Zweck des superioren Labrums und Bi-zepsankers ist jedoch ungeklärt.

Ziel der amerikanischen Wissenschaftler war es deshalb, eine evidenzbasierte, aktualisierte Konsenserklärung zur Pathoana-tomie und Diagnose klinisch relevanter Erkrankungen des superioren Labrums und des Bizepsankers vorzulegen und zukünftige Forschungsansätze vorzuschlagen. Diese Konsensgespräche wurden von der Ameri-can Shoulder and Elbow Surgeons, SLAP/ Biceps Anchor Study Group, durchgeführt.

Die klinisch signifikante Labrumverletzung (CSLI = clinically significant labral injury) ist ein umfassenderer Begriff, der bei der Klassifikation dieser Verletzungen hilfreich sein kann. Es handelt sich um eine klinische Diag-nose, bei der die nachgewiesene anatomische Labrumveränderung mit einer anamnestischen Schulterdysfunktion korreliert, die mit dem Verlust der Labrumfunktion in Verbindung gebracht und durch spezifische körperliche Untersuchungen nachgewiesen werden kann. Die SLAP-Läsion muss nicht unbedingt die eigentliche oder einzige Verletzung sein, die für die klinischen Symptome und die Funktionsstörung bei einem Überkopf-Wurfsportler verantwortlich ist.

Die Ergebnisse der Übersichtsarbeit zeigen, dass bisherige Erfahrungen mit der Befundung und Behandlung doch sehr limitiert sind, um diese Verletzungen ausreichend zu verstehen und effektiv zu behandeln. Die genaue klinische Diagnose einer SLAP/ CSLI-Verletzung ist schwierig, weshalb mehrere Untersuchungsmethoden angewandt werden sollten, um diese Verletzung von anderen pathologischen Erscheinungen abzugrenzen. Spezielle Tests (Anterior Slide, Crank Test, Active Compression Test (> Abb. 1), Biceps Load Test 1 und 2, Pain Provocation Test, Modified Dynamic Labral Shear Test) sind im Rahmen einer Anamnese und einer Untersuchung der Schulter mit Verdacht auf SLAP/CSLI-Pathologie durchaus von diagnostischem Nutzen. Der Unter-sucher sollte sich jedoch nicht auf einen bestimmten Test verlassen, um eine SLAP CSLI-Verletzung definitiv auszuschließen oder zu bestätigen. Zum Beispiel kann eine höhere positive Wahrscheinlichkeitsrate für den Nachweis einer Labrumverletzung erreicht werden, wenn eine Anamnese von Popping, Knacken oder Schnappen mit einem positiven anterioren Gleittest kombiniert wird. Die Arthroskopie eignet sich wie die Bildgebung am besten zur Bestätigung der Diagnose einer Labrumverletzung in Verbindung mit der Anamnese und der klinischen Untersuchung.

Es gibt weder einen einzelnen anamnestischen oder bildgebenden Befund noch einen klinischen Test, der eine eindeutige Diagnose liefert. Selbst wenn eine Labrumverletzung gefunden wird, ist eine klinische Korrelation einschließlich Schmerzen, Dauer der Symptome und Ansprechen auf eine konservative Behandlung unerlässlich, da nicht alle bei der klinischen Untersuchung oder Bildgebung entdeckten Labrumverletzungen klinisch bedeutsam sind.

HINWEIS

Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die „Verletzung» des superioren Labrums bei Werfern die erhöhte Labrumbeweglichkeit darstellt, die als „Anpassungspathologie» erforderlich ist, um eine maximale Schulteraussenrotation zu erreichen.

Dies könnte der Grund dafür sein, warum nicht alle Läsionen automatisch symptomatisch sind bzw. werden.

Klinische Symptome können eher mit der Ausbreitung der superioren

Läsion in das posteriore und inferiore Labrum oder mit einer tatsächlichen posterioren Labrumverletzung ohne superioren Anteil zusammenhängen.

Diese Pathologien können zu einer Verletzung führen, die ausreicht, um die Funktion des Labrums in Bezug auf die Randstabilität, die Bänderbefestigung und die Kontrolle der Spannung auf die Bänder zu beeinträchtigen und die Konkavität und Kompression somit verändern.

AUF EINEN BLICK

Design: Übersichtsarbeit mit Konsensuserklärung

Teilnehmer: Patienten mit Verletzung am Bizepsanker und superioren Labrum

Parameter: Neubewertung der Anatomie, Untersuchung, Bildgebung und Diagnose der Pathologie am Bizepsanker und superioren Labrum

Resultate: Das Erkennen der Beziehung zwischen Anatomie und Funktion in Bezug auf den Bizepsanker und das zirkumferentielle Labrum ist für die Diagnose und Behandlung von wesentlicher Bedeutung.

 

Katrin Veit

Kibler WB, LiX, Cohen SB et al. American Shoulder and Elbow Surgeons SLAP/Biceps Anchor Study Group Evidence Review: Pat-hoanatomy and diagnosis in clinically signi-ficant labral injuries. Shoulder Elbow Surg 2023;23:00023-X

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Thorsten Bathelt
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