Individuelle Rehabilitation wichtig
Verletzungen der Hamstrings sind nach wie vor die bedeutendsten Verletzungen mit längeren Ausfallzeiten im Fussball und bei hochintensiven Laufsportarten. Sie verursachen nicht nur hohe finanzielle Kosten, sondern führen auch zu physischen und emotionalen Schäden. Die Untersuchung von Präventionsstrategien hat bisher zu keiner verringerten Verletzungshäufigkeit geführt, und die Zahl der Rezidive ist im Profifussball konstant geblieben, während die Häufigkeit anderer Verletzungen zurückgegangen ist. Es fehlt an Erkenntnissen und Leitlinien für eine optimale Rehabilitation.
Ziel dieser Studie war es deshalb, einen internationalen Expertenkonsens für das Management von Verletzungen der Hamstrings zu entwickeln. Es wurden ein modifiziertes Delphi-Verfahren und ein Konsensverfahren mit einem internationalen Expertengremium angewandt. Es umfasste zwei Runden Online-Fragebögen und eine Zwischenrunde mit einer Konsenssitzung. Der Fragebogen für die erste Runde der Informationssammlung wurde an 46 internationale Experten verschickt und enthielt offene Fragen. Nach den Gruppendiskussionen zu jedem thematischen Bereich wurde eine Reihe von Konsenserklärungen ausgearbeitet, diskutiert und verfeinert. Die Konsensschwelle wurde a priori auf 70 % festgelegt.
Das Expertengremium empfiehlt eine individuelle Rehabilitation, die auf den Sportler, die sportlichen Anforderungen, den betroffenen Muskel bzw. die betroffenen Muskeln sowie Art und Schwere der Verletzung abgestimmt ist (89,8 %). In der frühen Reha-Phase sollten hohe Belastungen und Geschwindigkeiten vermieden werden. Die richtige Beanspruchung ist wichtig, doch besteht nur wenig Konsens über die optimale Progression und Dosierung.
Das Gremium empfiehlt einen Rehabilitationstionsverlauf, der sich an der Leistungsfähigkeit und den Symptomen orientiert, wobei die Schmerzschwelle von der Aktivität abhängt (» Abb. 1). Hinsichtlich der Schmerzkriterien schlagen Experten vor, dass einige Aktivitäten während der Rehabilitation schmerzfrei sein sollten (z. B. Sprinten), aber bei anderen sportlichen Aktivitäten kann ein Herangehen an die Schmerzgrenze erlaubt werden (85,5 %). Therapeuten sollten sich bei der Entscheidung hinsichtlich des Rehabilitationsziels und des Zeitplans für die Rückkehr zum Sport auf die Anforderungen und die für das Spiel erforderliche Leistungsfähigkeit konzentrieren (89,8%).
In der späteren Reha-Phase befürwortet das Gremium die Durchführung von Lauf- und Sprintübungen als Schlüsselkomponenten in der Rehabilitation und als wichtiges Progressionskriterium für die Rückkehr zum Sport.
HINWEIS
Zusätzliche Forschung ist erforderlich, um die optimale Belastungsdosis, den Zeitpunkt und die Kriterien für die Rehabilitation von Hamstring-Verletzungen sowie die Überwachungs- und Testkriterien zu bestimmen, um ein sicheres und schnelles Vorankommen in der Rehabilitation und eine sichere Rückkehr zum Sport zu ermöglichen.
AUF EINEN BLICK
Design: Modifiziertes Delphi-Verfahren
Teilnehmer: Expertengremium bestehend aus Sportmedizinern, Physiotherapeuten und orthopädischen Chirurgen
Parameter: Verletzungen der Hamstrings und deren Rehabilitation
Resultate: Die Rehabilitationsmassnahmen sollten individuell auf die sportartspezifischen Anforderungen, die Verletzungsart und die erforderliche Leistungsfähigkeit des Sportlers abgestimmt werden.
Katrin Veit
Paton BM, Read P, van Dyk N et al. London International Consensus and Delphi study on hamstring injuries part 3: Rehabilitation, running and return to sport. Br | Sports Med
2023; 57 (5): 278-291